Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen: Wo findet man Aphorismen, Bauernregeln, geflügelte Worte, Redensarten, Redewendungen, Sprichwörter und Zitate – und wie kann man mit ihnen seinen Wortschatz erweitern und gleichzeitig etwas über die Natur lernen?

SaubohnenSaubohnen

Wer Unterricht, Vorträge oder Reden vorbereitet, sucht oft zur Auflockerung nach thematisch passenden Aphorismen, Bauernregeln, geflügelten Worten, Redensarten, Redewendungen, Sprichwörtern und Zitaten. Man findet diese sowohl in digitalen Sammlungen als auch in entsprechenden Handbüchern oder Lexika. Diese Sammlungen entstanden in der Phraseologie, einem sprachwissenschaftlichen Fachbereich, der sich mit Wortfolgen befasst, die zu einer festen Form verwachsen sind, mit sog. Phraseologismen. Diese spielen natürlich auch im Deutschunterricht eine wichtige Rolle.

Der heutige Blogartikel bietet Definitionen und Beispiele für die unterschiedlichen Typen von feststehenden Wortkombinationen. Zur Vertiefung werden Einführungsbücher zur Phraseologie aufgeführt. Außerdem präsentiert der Artikel relevante Webseiten und Bücher für die Suche nach thematisch passenden Aphorismen, Bauernregeln, geflügelten Worten, Redensarten, Redewendungen, Sprichwörtern und Zitaten. Dabei gibt es neben generellen Sammlungen auch solche, die besonders für Kinder geeignet sind, und solche, die sich speziell dem Thema “Natur und Pflanzen” widmen. Und natürlich findet man – wie immer auf dem Sprache-Spiel-Natur-Blog – am Ende des Beitrags auch wieder einen persönlichen Sprachspinat-Tipp: Diesmal geht es darum, wie man bei der Verwendung dieser Sammlungen spielerisch Sprachbildung, Naturbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung verbinden kann.

Definitionen der phraseologischen Fachbegriffe Aphorismus, Bauernregel, geflügeltes Wort, Redensart, Redewendung, Sprichwort und Zitat

Das Digitale Wörterbuch des Deutschen bietet Definitionen für die Fachbegriffe. Wikipedia liefert weitere Definitionen und Weblinks:

  • Aphorismus: prägnant-geistreicher, in sich geschlossener Sinnspruch in Prosa, der eine Erkenntnis, Erfahrung, Lebensweisheit vermittelt
    Wikipedia
  • Bauernregel: aus alten Erfahrungen erwachsene, teilweise im Aberglauben wurzelnde bäuerliche Lebensregel
    Wikipedia
  • Geflügeltes Wort: meist aus einer (bekannten) historischen, literarischen Quelle o. Ä. stammende, sprichwörtlich gebrauchte, geläufige Wendung (auch ein Wort)
    Wikipedia
  • Redensart: häufig gebrauchte Verbindung von Wörtern, geläufige, oft schablonenhafte Wendung
    Wikipedia
  • Redewendung: häufig gebrauchte Verbindung von Wörtern, Redensart
    Wikipedia
  • Sprichwort: meist weit verbreiteter, dem Volksmund entstammender Satz, der in prägnanter, pointierter, einprägsamer, oft bildlicher Formulierung eine verallgemeinerte, zum Teil heute überlebte Lebenserfahrung mit moralisierendem, belehrendem, gelegentlich auch gesellschaftskritischem Inhalt festhält und überliefert
    Wikipedia
  • Zitat: wörtlich angeführte Stelle aus einer Schrift oder Rede
    Wikipedia

Zum Vergleich der Begriffe, mit Definitionen und Beispielen, s. die folgenden Webseiten:

Einführungen in die Phraseologie

Die Phraseologie ist der Teilbereich der Sprachwissenschaft, der sich mit Phraseologismen befasst, d.h. mit Gruppen von Wörtern, die zusammen eine spezielle Bedeutung haben, die sich nicht direkt aus den Bedeutungen der einzelnen Wörter ergibt. Einen Schwerpunkt bilden dabei Redewendungen und Redensarten, d.h. Mehrwortausdrücke, die keinen ganzen Satz bilden, aber als zusammengefügte Teile unseres Wortschatzes mit eigener Bedeutung abgespeichert sind, z.B. jemanden über den grünen Klee loben. In der Phraseologie werden aber auch häufig geflügelte Worte, Sprichwörter, Zitate und Aphorismen, gelegentlich auch Bauernregeln, diskutiert, da es sich hier ebenfalls um festgefügte Verbindungen von Wörtern handelt, auch wenn sie nicht zum Wortschatz zählen, sondern ganze Sätze sind.

Zugleich bezeichnet man mit dem Terminus Phraseologie auch die Gesamtheit der Phraseologismen einer Sprache, d.h. die festen Wortverbindungen, die wir als Einheiten gespeichert haben.

Die folgenden Bücher geben eine Einführung in die wissenschaftliche Disziplin der Phraseologie:

  • Burger, H. (2015): Eine Einführung am Beispiel des Deutschen. Erich Schmidt Verlag.
  • Donalies, E. (2009). Basiswissen Deutsche Phraseologie (=UTB 3193).
  • Palm, C. (1995). Phraseologie: eine Einführung. Gunter Narr Verlag.

Beispiele aus dem Pflanzenreich

Aphorismen

  • Es ist besser, Erbsen im eigenen Vorgarten zu ziehen, als einen Kürbis in einem fremden Feld. Pavel Kosorin, tschechischer Schriftsteller und Aphoristiker
  • Esst mehr Bohnen, wir haben Gas nötig. Peter Darbo, flämischer Aphoristiker (Pseudonym)

Bauernregeln

  • Hat Sankt Peter das Wetter schön, kannst du Kohl und Erbsen sä’n.
  • Willst du Gerste, Erbsen, Zwiebeln dick, so säe sie nach St. Benedikt.
  • Aprilschnee bringt Gras und Klee.

Geflügelte Worte

  • Lied von Johann Martin Usteri (1793):
    Freut euch des Lebens,
    Weil noch das Lämpchen glüht;
    Pflücket die Rose,
    Eh’ sie verblüht!

    Quelle: Büchmann (1898)
Rose im Rosengarten Zweibrücken

Rose im Rosengarten Zweibrücken

Redewendungen/Redensarten

  • in den sauren Apfel beißen
  • etwas für einen Apfel und ein Ei kaufen
  • etwas durch die Blume sagen
  • jemanden nicht die Bohne interessieren
  • nicht die Bohne wert
  • Bohnen in den Ohren haben
  • dumm wie Bohnenstroh
  • wie die/eine Prinzessin auf der Erbse
  • Erbsen zählen
  • das Gras wachsen hören
  • jemanden über den grünen Klee loben
  • wie Kraut und Rüben aussehen
  • etwas für ein Linsengericht hergeben
  • sich in die Nesseln setzen
  • auf Rosen gebettet
  • Süßholz raspeln
  • treulose Tomate
Freilandtomaten am terrassierten Hang der Gartenwerkstatt am Hang des Jugendzentrums Weiden

Freilandtomaten am terrassierten Hang der Gartenwerkstatt am Hang des Jugendzentrums Weiden

Sprichwörter

  • Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
  • Der schönste Apfel hat oft einen Wurm
  • Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen.
  • Hunger macht saure Bohnen süß.
  • Man fängt nicht zwei Tauben mit einer Bohne.
  • Dornen und Disteln stechen sehr, böse Zungen noch viel mehr.
  • Was kümmert es die Eiche, wenn sich eine Sau an ihr scheuert.
  • Neid macht aus einem Ginster einen Tannen
  • Die dümmsten Bauern haben die größten Kartoffeln
  • Geduld bringt Rosen.

Zitate

Sterndahlien bei der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim

Sterndahlien bei der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim

Online-Sammlungen von Aphorismen, Bauernregeln, geflügelten Worten, Redensarten, Redewendungen, Sprichwörtern und Zitaten

Webseiten mit generellen Sammlungen für Erwachsene

Webseiten mit generellen Sammlungen für Kinder

Seiten mit Sprichwörtern und Redensarten, die besonders für Kinder geeignet sind (oft mit Erklärungen), findet man hier:

Webseiten mit Sammlungen zum Thema “Pflanzen”

Bücher mit Sammlungen von Aphorismen, Bauernregeln, geflügelten Worten, Redensarten, Redewendungen, Sprichwörtern und Zitaten

  • Büchmann, G. (2017). Der Neue Büchmann – Geflügelte Worte: Der klassische Zitatenschatz. Ulmer.
    Originalausgabe: Büchmann, G. (1864), Geflügelte Worte. Der Citatenschatz des deutschen Volkes. Haude und Spener.
    Digitale Version von 1898 bei Projekt Gutenberg
  • Dudenredaktion (2007). Duden – Das große Buch der Zitate und Redewendungen plus CD: Über 15 000 klassische und moderne Zitate und feste Wendungen.
  • Dudenredaktion (2018). Duden – Wer hat den Teufel an die Wand gemalt? Redensarten – Wo sie herkommen, was sie bedeuten. Duden.
  • Dudenredaktion (2019). Duden – Zitate und Aussprüche: Herkunft, Bedeutung und aktueller Gebrauch.
  • Dudenredaktion (2020). Duden – Redewendungen: Wörterbuch der deutschen Idiomatik.
  • Golluch, N. (2016). Endlich nicht mehr nur Bahnhof verstehen, sondern wissen, wo der Hase im Pfeffer liegt: Das Redewendungen-Erklärungsbuch. Riva,
  • Golluch, N. (2022). Das Lexikon der neuen Redewendungen – exklusive Amazon-Ausgabe: Woher sie kommen und was sie bedeuten. Riva
  • Hesse, B. (2010). Die schönsten Aphorismen: Von Marc Aurel bis Oscar Wilde. Fischer Taschenbuch.
  • Pöppelmann. C. (2016). Redensarten & Sprichwörter: Herkunft, Bedeutung, Verwendung. Circon Verlag
  • Röhrich, L. (2009). Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten.
  • Skupy, H.-H. (Hrsg.) (2013). Das große Handbuch der Zitate: 25.000 Aussprüche & Sprichwörter von der Antike bis zur Gegenwart. Bassermann Verlag;
  • Spicker, S. (2012). Deutsche Aphorismen (Reclams Universal-Bibliothek). Reclam.

Mein persönlicher Sprachspinat-Tipp

In Aphorismen, Bauernregeln, geflügelten Worten, Redensarten, Redewendungen, Sprichwörtern und Zitaten sind viele Informationen enthalten – auch wenn man manchmal etwas recherchieren muss, um an sie heranzukommen. Wenn man solche Recherchen für Wortverbindungen mit Pflanzennamen durchführt, lernt man so einiges über die Eigenschaften der betreffenden Pflanzen und ihre Rolle in unserer Kultur und Geschichte.

So kann man z.B. bei Recherchen erfahren, dass hinter dem Sprichwort “Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen” die Beobachtung steht, dass der Verzehr von Hülsenfrüchten wie Bohnen bei einigen Menschen zu Blähungen führen kann. Diese sind mitunter hörbar, da die entstehenden Gase im Verdauungstrakt für Geräusche sorgen können, d.h. “ein Tönchen geben”. Der Grund für die Blähungen sind komplexe Kohlenhydrate in Hülsenfrüchten, die für den menschlichen Darm schwer verdaulich sind, da der Mensch nicht über die notwendigen Enzyme verfügt, um sie vollständig abzubauen. Die unverdauten Kohlenhydrate werden erst im Dickdarm von Darmbakterien abgebaut, was zu Gärungsprozessen und zur Produktion von Gasen führt. Dies steckt auch hinter dem Zitat von Heinz Erhart: “Es gibt Gerüchte, dass Hülsenfrüchte – in Mengen genommen – nicht gut bekommen. Das macht ja nichts, ich finde das fein, – warum soll man nicht auch mal ein Blähboy sein.” (Das große Heinz Erhardt Buch).

Und wenn man versucht, zu erfahren, warum wir bei überschwänglichem Lob sagen, man habe jemanden über den grünen Klee gelobt, findet man gleich zwei Erklärungen, bei denen man etwas über die Rolle von Klee in der Kulturgeschichte lernt: Im Duden Online findet man die Erklärung: “noch mehr loben als der Dichter den grünen Klee; nach der häufigen Verwendung des Klees [als Inbegriff des Frischen, Frühlingshaften] in Vergleichen bei mittelhochdeutschen Dichtern)”. An anderen Stellen, z.B. auf Wikipedia und auf einer Kinderseite, findet man auch eine zweite Erklärung: Klee wuchs traditionell auf Friedhöfen und man soll nur gute Dinge über Verstorbene sagen.

Diese beiden Beispiele verdeutlichen, wie man sein Repertoire von festen Fügungen erweitern und dabei zugleich sein Wissen über die Natur erweitern kann. Dies kann man auch spielerisch gestalten, z.B. mit einem Recherche-Wettbewerb, bei dem die schnellsten Teams gewinnen, oder mit einem Quiz, bei dem man sich zwischen verschiedenen vorgeschlagenen Interpretationen der Wortkombinationen entscheiden muss. Mit den Webseiten und Büchern in diesem Blogbeitrag ist beides möglich. Man kann auch ein Lückentest-Quiz erstellen, bei dem man schnell entscheiden muss, welches Wort zu welcher Redewendung gehört. Dafür gibt es schon ein frei herunterladbares Beispiel, das sich für den Deutschunterricht eignet. Für den Bereich Natur konnte ich bislang noch kein solches Quiz finden. Das müsste man erst noch selbst entwickeln.

Wer bei all den Recherchen zu Wortverbindungen mit Pflanzennamen Lust aufs Gärtnern bekommt, kann sich natürlich auch eine Ecke im Garten mit Pflanzen anlegen, deren Namen in vielen Redewendungen oder Sprichwörtern vorkommen. Von einem solchen Garten könnte man dann ein digitales Foto machen und mit anklickbaren Punkten auf den einzelnen Pflanzen versehen, so dass man auf diese Punkte klicken und mehr Informationen zu den betreffenden Redewendungen oder Sprichwörtern erhält. Eine Anleitung für die Erstellung solcher interaktiven Fotos mit H5P findet man in einem Artikel auf diesem Blog. Man kann natürlich auch einfach entsprechende Schilder im Garten aufstellen oder Schraubgläser mit Informationszetteln darin neben den betreffenden Pflanzen halb im Boden versenken. So kann man sich im Garten auf eine sprachliche Schatzsuche begeben. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Bei aller Freude am wissenschaftlichen Betrachten von Pflanzen und beim Lernen über ihre Rolle in Kultur und Geschichte sollte man aber auch manchmal an den Aphorismus des Schriftstellers und Aphoristikers Oscar Wilde (1854 – 1900) denken: Es ist wichtiger, dass jemand sich über eine Rose freut, als dass er ihre Wurzeln unter das Mikroskop legt.

Viel Freude beim Stöbern in den Datenbanken und Büchern, bei den spielerischen (Lern-) Aktivitäten, v.a. aber beim Genießen der Natur wünscht

die “Sprachspinatin”