Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) für die Schule: eine Definition, die 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs), der geschichtliche Hintergrund, BNE-Kompetenzen, Nachhaltigkeitskonzepte, Debatten, Materialien und Ressourcen

Grüner Lernraum am ZfL mit neuen Bänken, die von den Studierenden gebaut wurden,Grüner Lernraum am ZfL mit neuen Bänken, die von den Studierenden gebaut wurden,

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist in den letzten Jahren ein wichtiges Querschnittsthema im Bildungssystem geworden. BNE soll Umweltbewusstsein, Demokratie- und Geschichtsverständnis fördern und so Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigen. Angesichts der oft verwirrenden Vielfalt von Informationen und Materialien bietet der heutige Blogbeitrag einen Überblick über dieses wichtige Bildungsthema. Insbesondere findet man hier:

Am Ende des Beitrags gibt es – wie immer auf dem Sprache-Spiel-Natur-Blog – einen persönlichen Sprachspinat-Tipp zur Verbindung von Sprachbildung, Naturbildung und BNE. Diesmal erzähle ich von meinem geplanten Seminar zur “Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) im sprachbildenden Unterricht”, das ich an der Universität zu Köln im Rahmen des Moduls Deutsch als Zweitsprache im Schwerpunkt Neuzuwanderung unterrichte.

Was ist Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)?

Auf dem deutschen BNE-Portal wird BNE so definiert: „BNE steht für Bildung für nachhaltige Entwicklung. Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn Menschen weltweit, gegenwärtig und in Zukunft, würdig leben und ihre Bedürfnisse und Talente unter Berücksichtigung planetarer Grenzen entfalten können. Eine solche gesellschaftliche Transformation erfordert starke Institutionen, partizipative Entscheidungen und Konfliktlösungen, Wissen, Technologien sowie neue Verhaltensmuster.

BNE befähigt Menschen zu einem zukunftsfähigen Denken und Handeln. Dabei stehen verschiedene Fragen im Vordergrund. Etwa: Wie beeinflussen meine Entscheidungen Menschen nachfolgender Generationen in meiner Kommune oder in anderen Erdteilen? Welche Auswirkungen hat es beispielsweise, wie ich konsumiere, welche Fortbewegungsmittel ich nutze oder welche und wie viel Energie ich verbrauche? Welche globalen Mechanismen führen zu Konflikten, Terror und Flucht? Oder was können wir gegen Armut tun?

Zusammengefasst: BNE ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen.“

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals; SDGs)

Der Hintergrund für BNE ist die Agenda 2030, die von der UN 2015 veröffentlicht wurde. Der Kern dieser Agenda sind die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, auch SDGs genannt (Sustainable Development Goals). Ziel 4 bezieht sich auf qualitativ hochwertige Bildung und Unterziel 4.7 betont die Bedeutung von BNE zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele.

Die SDGs umfassen verschiedene Bereiche wie Armutsbekämpfung, Klimaschutz, Bildung, Geschlechtergleichstellung und sauberes Wasser. Sie sollen bis 2030 weltweit umgesetzt werden, um nachhaltige Entwicklung in allen Ländern zu fördern. Die folgende Abbildung zeigt die 17 SDGs in Kurzform, mit den entsprechenden Icons.

17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) (Download von Icons und Postern)

Die Gartenwerkstatt am Jugendzentrum (JuZe) Köln Weiden: Wildblumen, Küchenkräuter, Gemüse und Obst

Die Gartenwerkstatt am Jugendzentrum (JuZe) Köln Weiden: Wildblumen, Küchenkräuter, Gemüse und Obst

Der geschichtliche Hintergrund von BNE und SDGs

Um die Bedeutung und Rolle der 17 SDGs und BNE besser zu verstehen, lohnt sich ein kurzer Blick auf ihre Geschichte. Die folgende Liste enthält Links zu den entsprechenden Dokumenten bzw. zu Online-Artikeln mit Informationen und weiterführenden Lesetipps oder Links:

  • 1972
    Auf der ersten Umweltkonferenz in Stockholm wird das UN-Umweltprogramm (UNEP) gegründet.
  • 1987
    Der Brundtland-Report zu langfristig tragfähiger, umweltschonender Entwicklung im Weltmaßstab wird veröffentlicht.
  • 1992
    Auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro (UNCED) und Agenda 21 beschließen über 170 Regierungen ein entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm für eine weltweite nachhaltige Entwicklung: die Agenda 21.
  • 2000
    Auf dem Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen (UN) in New York wird die Millennium-Erklärung mit acht Millennium-Entwicklungszielen (Millenium Development Goals; MDGs) veröffentlicht. Ziel ist es, extreme Armut, Hunger und Krankheit bis 2015 zu bekämpfen, v.a. in den Entwicklungsländern.
  • 2005 bis 2014
    Mit der UN-Dekade Bildung für eine nachhaltige Entwicklung verpflichten sich die UN-Mitgliedsstaaten dazu, die Prinzipien der Nachhaltigkeit in ihren jeweiligen Bildungssystemen zu verankern.
  • 2012
    Bei der Rio-Konferenz, einer UN-Konferenz zu nachhaltiger Entwicklung, wird eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung der SDGs eingerichtet. Diese Gruppe soll eine universelle Agenda entwickeln, die alle Länder einbezieht – und nicht nur die Entwicklungsländer. Außerdem sollen nicht nur soziale Entwicklungsdimensionen im Mittelpunkt stehen (wie bei den MDGs), sondern auch ökonomische und ökologische Dimensionen berücksichtigt werden.[
  • 2014
    Die Arbeitsgruppe veröffentlicht einen Bericht mit 17 SDGs und 169 Unterzielen, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen. Hierzu gibt es eine herunterladbare Broschüre mit allen Unterzielen.
  • 2015
    Auf einem UN-Sondergipfel in New York wird die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung als neues Rahmenprogramm beschlossen, das sich an die Dekade für nachhaltige Entwicklung anschließt. Der Kern dieses Programms sind die 17 SDGs. Unterziel 4.7 betont die Bedeutung von Bildung, insbesondere von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele.
  • 2015–2019
    Der UN-Dekade BNE folgt das Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung mit dem Ziel, BNE in den Institutionen zu verankern. Im Mittelpunkt stehen fünf Handlungsfelder: politische Unterstützung, ganzheitliche Transformation, Kompetenzentwicklung bei Lehrenden und Menschen mit Multiplikationsfunktion, Stärkung und Mobilisierung der Jugend, Förderung nachhaltiger Entwicklung auf lokaler Ebene.
  • 2019
    Die 40. UNESCO-Generalkonferenz beschließt das Programm Education for Sustainable Development: Towards achieving the SDGs oder ESD for 2030 (deutsch: BNE 2030) als Nachfolgeprogramm für das Weltaktionsprogramm 2015–2019.
  • 2020
    Die neue UNESCO Roadmap für BNE 2030 legt mehr Fokus darauf, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung zur Erfüllung der Nachhaltigkeitsziele beitragen kann. Dabei wird der deutsche BNE-Prozess von der deutschen UNESCO-Kommission und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gesteuert.

Einen etwas ausführlicheren historischen Überblick findet man in einem Artikel von Carolin Hoch von 2021.

Bau einer WuPf-Wurmkompost-Pflanzenkiste am Jugendzentrum (JuZe) Köln Weiden

Bau einer WuPf-Wurmkompost-Pflanzenkiste am Jugendzentrum (JuZe) Köln Weiden

BNE-Kompetenzen

Zentral für BNE ist es, die Kompetenzen zu fördern, die erforderlich sind, um ökologische, ökonomische und soziale Herausforderungen auf globaler und lokaler Ebene zu bewältigen. Welche Kompetenzen durch BNE angestrebt werden sollen, ist nicht international einheitlich formuliert. Beim Vergleich von Kompetenzlisten wie den folgenden zeigt sich jedoch ein gewisser Konsens in Bezug auf die Fähigkeiten, die man besitzen sollte, um nachhaltige Systeme schaffen und gesellschaftliche Veränderungen bewirken zu können. Hierzu gehören insbesondere Fähigkeiten zu empathischem, sozialem und kooperativem Handeln und vorausschauendem, (selbst-) kritischem und reflektivem Denken sowie Antizipations- und Problemlösefähigkeiten.

  • Die UNESCO-Publikation Education for Sustainable Development Goals: Learning Objectives erläutert die entscheidende Rolle von BNE für die Erreichung der SDGs und identifiziert Lernziele und Schlüsselkompetenzen für Lernende. Dabei werden neben spezifischen Lernzielen zu den 17 SDGs auch übergreifende Lernziele und Kompetenzen aufgeführt, insbesondere systemisches, antizipatorisches und (selbst-) kritisches Denken sowie normative, strategische, kollaborative Kompetenzen und integrative Problemlösefähigkeiten.
  • Die Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) München unterscheidet drei Kompetenzbereiche (s. pdf-Datei zu diesen Kompetenzen und entsprechenden Lernzielen für Lehrende und Lernende):
    • Sozialkompetenz:
      • gemeinsam mit Anderen planen und handeln
      • an kollektiven Entscheidungen teilhaben
      • sich und andere dazu motivieren, aktiv zu werden
      • Zielkonflikte bei der Reflexion über Handlungsstrategien berücksichtigen
    • Selbstkompetenz:
      • die eigenen Leitbilder und die anderer reflektieren
      • selbständig planen und handeln
      • Empathie und Solidarität für Benachteiligte zeigen
      • Vorstellungen von Gerechtigkeit als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage nutzen
    • Sachkompetenz:
      • Wissen aufbauen, das weltoffen ist und neue Perspektiven integriert
      • Vorausschauend Entwicklungen analysieren und beurteilen
      • Interdisziplinär Erkenntnisse gewinnen und handeln
      • Risiken, Gefahren und Unsicherheiten erkennen und abwägen
  • Das österreichische Forum Umweltbildung benennt 10 BNE-Kompetenzen: konkret handeln, Emotionen miteinbeziehen, mit Wissen bewusst umgehen, Visionen entwickeln, reflektieren, kritisch denken, kommunizieren, partizipieren, kooperieren, Methodenvielfalt.
  • Das Schweizer Portal éducation21 führt 10 BNE-Kompetenzen an:
    • Interaktive Anwendung von Medien und Mitteln (Tools)
      (fachliche und methodische Kompetenzen)

      • Wissen: Interdisziplinäres und mehrperspektivisches Wissen aufbauen
      • Systeme: Vernetzt denken
      • Antizipation: Vorausschauend denken und handeln
      • Kreativität: Kritisch-konstruktiv denken
    • Interagieren in heterogenen Gruppen
      (Soziale Kompetenzen)

      • Perspektiven: Perspektiven wechseln
      • Kooperation: Nachhaltigkeitsrelevante Fragestellungen gemeinsam bearbeiten
      • Partizipation: Gesellschaftliche Prozesse mitgestalten
    • Eigenständiges Handeln
      (Personale Kompetenzen)

      • Verantwortung: Sich als Teil der Welt erfahren
      • Werte: Eigene und fremde Werte reflektieren
      • Handeln: Verantwortung übernehmen und Handlungsspielräume nutzen
Die JuZe-Garten-AG am Werk - mit gespendeten Schubkarren und Eimern

Die JuZe-Garten-AG am Werk – mit gespendeten Schubkarren und Eimern

Konkurrierende Nachhaltigkeitskonzepte und Debatten um SDGs und BNE

Nachhaltigkeit kann unterschiedlich konzipiert werden: Zum einen unterscheidet man zwischen Effizienz-, Konsistenz-, Suffizienz-Strategien, zum anderen zwischen starker und schwacher Nachhaltigkeit. Darüber hinaus kann man BNE nicht nur in einzelnen Klassen, Lerngruppen oder Lehrveranstaltungen implementieren, sondern auch einen ganzheitlichen Whole-Institution Approach für die gesamte Bildungsinstitution verfolgen.

Außerdem gibt es Debatten darüber, welche Rolle wirtschaftliches Wachstum bei der nachhaltigen Entwicklung spielen. Zugleich wird diskutiert, ob BNE bestimmte Werte vermitteln und direkt auf Verhaltensänderungen abzielen soll.

Zu all diesen Themen findet man im Folgenden eine kurze Einführung, mit Lesetipps und Links. Informationen und Lesetipps zu diesen und weiteren Nachhaltigkeitskonzepten und -debatten findet man in einem entsprechenden Artikel im Online-Nachhaltigkeitslexikon.

Drucken mit Pflanzenfarben beim Kräuterpädagogik-Praxisworkshop: Pflanzenteile werden zwischen Stofflagen gelegt. Dann wird der Pflanzensaft in den Stoff gehämmert

Drucken mit Pflanzenfarben beim Kräuterpädagogik-Praxisworkshop: Pflanzenteile werden zwischen Stofflagen gelegt. Dann wird der Pflanzensaft in den Stoff gehämmert

Effizienz-, Konsistenz-, Suffizienz-Strategien

Man kann in Nachhaltigkeitsdiskussionen zwischen drei Typen von Strategien zum Umgang mit Ressourcen unterscheiden:

  • Effizienz (Latein: efficiens = bewirkend, wirksam):
    • Ressourcen effizienter nutzen
    • dasselbe Ergebnis mit weniger Ressourcen erreichen
    • Fokus: technologische Innovationen und Prozesse
    • Beispiele: Herstellung und Verwendung energiesparender Fahrzeuge oder Geräte
  • Konsistenz (Latein consistere = sich hinstellen, feststehen, bestehen)
    • regenerative Ressourcen nutzen
    • Schaffung von in sich geschlossenen Stoffkreisläufen, bei denen möglichst wenige oder gar keine Abfallprodukte und Emissionen entstehen und natürliche, nachwachsende Rohstoffe (wieder-) verwendet werden
    • Fokus: Kreislaufwirtschaft
    • Beispiel: Recycling von Stahl
  • Suffizienz (Latein: sufficere = ausreichen, genügen):
    • weniger Ressourcen nutzen
    • Verringerung des Ressourcenverbrauchs durch die Veränderung von sozial und kulturell geprägten Verhaltensweisen
    • Fokus: Konsumreduktion und Verhaltensänderung
    • Beispiel: Verzicht auf Geräte, die nicht wirklich benötigt werden

Zu beachten ist, dass die drei Strategien sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern sich ergänzen und zusammen eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie bieten. Dabei betonen Effizienz und Konsistenz typischerweise technologische und systemische Lösungen. Die Suffizienz legt hingegen den Schwerpunkt auf individuelle Verhaltensänderungen und kulturelle Transformationen, die allerdings durch die Gestaltung von Infrastruktur (z.B. bei Alternativen zum Autoverkehr) und Anreizsysteme unterstützt werden können.

Weitere Informationen über die drei Strategien, Beispiele für ihre Anwendung und zusätzliche Informationen findet man auf den folgenden Webseiten:

Starke vs. schwache Nachhaltigkeit und die Säulenmodelle der Nachhaltigkeit

Sowohl starke als auch schwache Nachhaltigkeitsansätze befassen sich mit der Beziehung zwischen ökonomischer, ökologischer und sozialer Entwicklung. Sie unterscheiden sich jedoch den Annahmen dazu, wie diese Bereiche miteinander verbunden sind und welche Prioritäten gesetzt werden sollten.

Schwache Nachhaltigkeitsansätze beruhen typischerweise auf dem sogenannten Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit. Dieses behandelt Ökonomie (Wirtschaft), Ökologie (Umwelt) und Soziales (Gesellschaft) als gleichrangige und gleichgewichtige Säulen.

Schwache Nachhaltigkeitsansätze, die auf dem Drei-Säulen-Modell beruhen, gehen davon aus, dass unterschiedliche Kapitalformen (ökonomisch, ökologisch, sozial) prinzipiell austauschbar sind. Dementsprechend sollten Verluste in Bezug auf eine der drei Säulen durch positive Entwicklungen bzw. Gewinne in Bezug auf eine andere Säule ausgeglichen werden können. So wird beispielsweise die Möglichkeit diskutiert, durch technologischen Fortschritt und Innovation den Verlust von natürlichen Ressourcen zu kompensieren.

In solchen Diskussionen unterscheidet man typischerweise zwischen Sachkapitalien (Maschinen, Fabriken, Transportmittel oder Infrastrukturen), Humankapitalien (Wissen, Kenntnisse und Fertigkeiten von Menschen oder soziale Institutionen) und Naturkapitalien (z.B. Ökosysteme, Rohstoffe oder nicht-menschliche Lebewesen). Diese Kapitalien werden in solchen Ansätzen als prinzipiell substituierbar angesehen. Naturkapitalien dürfen verbraucht werden, sofern andere Kapitalbestände entsprechend aufgebaut werden.

Starke Nachhaltigkeitsansätze gehen hingegen davon aus, dass die ökologische Säule Vorrang vor der ökonomischen und der sozialen Säule haben muss. Sie betrachten die ökologischen Ressourcen als die Basis aller nachhaltigen Entwicklung und argumentieren, dass die Zerstörung von ökologischen Ressourcen langfristig auch negative ökonomische und soziale Konsequenzen hat. Dementsprechend kann wirtschaftliches und soziales Wohl nur dann nachhaltig erreicht werden, wenn die natürlichen Ressourcen langfristig erhalten bleiben. D.h., starke Nachhaltigkeitsansätzen zufolge dürfen ökonomische und soziale Entwicklung nicht auf Kosten der ökologischen Säule gehen.

Die Umgewichtung der Säulen spiegelt sich in erweiterten Drei-Säulen-Modellen wider, in denen die Säule der Ökologie durch die der Kultur ersetzt wird und alle drei Säulen (Ökonomie, Kultur, Soziales) auf dem Fundament von natürlichen Ressourcen stehen.

Einen Einstieg in Debatten zu starker und schwacher Nachhaltigkeit sowie weiterführende Literatur und Links bieten u.a.:

Der ganzheitliche Whole-Institution Approach für die gesamte Bildungseinrichtung

Mit dem Begriff Whole-Institution Approach (WIA) bezeichnet man den Ansatz, Nachhaltigkeit und BNE ganzheitlich in Bildungseinrichtungen umzusetzen. In Institutionen, die einen solchen Gesamteinrichtungsansatz verfolgen, ist BNE nicht nur ein Querschnittthema im Unterricht bzw. in anderen pädagogischen Aktivitäten. Auch die Methoden werden mit Hinblick auf die BNE-Kompetenzen ausgewählt. So werden Methoden bevorzugt, die eigenständiges, kooperatives, reflektives, praxisorientiertes und partizipatives Lernen und Arbeiten involvieren und fördern. Diese Methoden werden auch in (BNE-) Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrende und Mitarbeitende in der Verwaltung eingesetzt.

Darüber hinaus wird auch der Lernort selbst möglichst nachhaltig, umweltfreundlich und ressourcenschonend bewirtschaftet, z.B. durch den Einkauf von regionalen, fair erzeugen und Bio-zertifizierten Produkten oder den Einsatz von erneuerbaren Energien und Energiesparmaßnahmen. Zugleich trägt die Institution zu lokalen und globalen Nachhaltigkeitsinitiativen und -aktivitäten bei, z.B. durch die Zusammenarbeit mit lokalen und (inter-) nationalen Naturschutzorganisation und die Beteiligung an deren Projekten und Events.

BNE und Nachhaltigkeit werden somit in alle Aspekte der Institution integriert – von der Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen bis hin zur Verwaltung und den Beziehungen zur Gesellschaft und anderen Institutionen. Damit wird Nachhaltigkeit nicht nur thematisiert, sondern auch im Betrieb der Institution gelebt und praktisch umgesetzt.

Einer neuen Studie des nationalen BNE-Monitorings zufolge zeigt ein solcher integrativer BNE-Ansatz messbare Wirkung: Lernende und Lehrende, die in ihrer Institution einen Whole Institution Approach erleben, fühlen sich durch ihre Bildungseinrichtungen befähigter und motivierter, ihren eigenen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten.

Weitere Informationen und Literaturangaben bieten die folgenden Publikationen bzw. Webseiten:

Trauben, Minze und andere Kräuter neben dem Whiteboard des Lernraums im Garten des Zentrums für Lehrkraftbildung (ZfL) der Universität zu Köln

Trauben, Minze und andere Kräuter neben dem Whiteboard des Lernraums im Garten des Zentrums für Lehrkraftbildung (ZfL) der Universität zu Köln

Wachstumsorientierung

Eines der umstrittensten UN-Nachhaltigkeitsziele ist SDG 8 Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum. Insbesondere wird diskutiert, ob Wirtschaftswachstum, das durch das Bruttoinlandsprodukt bzw. wachsende Produktions- und Verkaufszahlen gemessen wird, nachhaltig möglich ist. Daher wird vermehrt nach alternativen Indikatoren gesucht, um das wirtschaftliche, soziale und ökologische Wohl zu messen. Ein wichtiges frühes Dokument war hierbei der Report der Commission on the Measurement of Economic Performance and Social Progress (Stiglitz, Sen, Fitoussi, 2009). Einige der Indikatoren findet man mittlerweile in aktuellen Berichten, z.B. im Human Development Report 2023/24 des UN-Entwicklungsprogramms.

Zugleich werden alternative Wirtschaftskonzepte entwickelt, die nicht auf quantitativem Wirtschaftswachstum als notwenigen Teil von Wirtschaftssystemen beruhen. Dabei gehen einige Modelle auch davon aus, dass es durch eine Senkung von Ressourcenverbrauch, Produktion und Konsum zu einer Reduktion des Bruttoinlandsproduktes kommen muss. Einen Überblick über solche Post-Wachstums- bzw. Degrowth-Modelle sowie weitere Literaturangaben und Links bieten z.B. die folgenden Quellen:

Gartenwerkzeug-Container am Jugendzentrum (JuZe) Köln Weiden - mit Rudbeckien, die von einer Baustelle gerettet wurden und Insekten im Herbst Nahrung bieten, wenn sonst nicht mehr viel blüht

Gartenwerkzeug-Container am Jugendzentrum (JuZe) Köln Weiden – mit Rudbeckien, die von einer Baustelle gerettet wurden und Insekten im Herbst Nahrung bieten, wenn sonst nicht mehr viel blüht – ein Lernanlass für Diskussionen zu Biodiversität, Neophyten, Abfall …

Wertevermittlung und Verhaltensänderungen als Ziel

Eine weitere Debatte im Bereich BNE betrifft die Frage, ob BNE bestimmte Werte vermitteln oder lediglich zu Wissen und Reflexion über Werte anregen soll. Zugleich wird debattiert, ob BNE das Verhalten von Lernenden hin zu mehr Nachhaltigkeit verändern soll oder kann. Die folgenden Quellen bieten Überblicke bzw. Literaturangaben und Links zu diesen Debatten:

  • Der vom Forum für die frühkindliche Bildung herausgegebene Referenzrahmen für die frühkindliche Bildung
  • Kollmuss, A., & Agyeman, J. (2002). Mind the gap: why do people act environmentally and what are the barriers to pro-environmental behavior? Environmental Education Research, 8(3), 239-260.
  • Ruckelshauß, T., Schlieszus, AK., Siegmund, A. (2022). Werte und Normen in digitalen BNE-Weiterbildungen. In: Weselek, J., Kohler, F., Siegmund, A. (eds) Digitale Bildung für nachhaltige Entwicklung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-65122-3_15.
  • Schlieszus, A. K., & Siegmund, A. (2023). BNE an Hochschulen zwischen Neutralität und Wertereflexion. Wie schaffen Lehrende Diskussionsräume? journal für lehrerInnenbildung, 23(3), 26-34. https://doi.org/10.35468/jlb-03-2023-02

Webseiten und Portale zu BNE: Konzepte, Lern-Materialien, Lehr- und Lernmethoden und Unterrichtsideen

Der Garten des Zentrums für Lehrkraftbildung (ZfL) der Universität zu Köln - ein idealer Lernraum für Bildung für nachhaltige Entwicklung

Der Garten des Zentrums für Lehrkraftbildung (ZfL) der Universität zu Köln – ein idealer Lernraum für Bildung für nachhaltige Entwicklung

Mein persönlicher Sprachspinat-Tipp

In meinem für das Wintersemester 2024/25 geplanten Seminar “Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) im sprachbildenden Unterricht” verbinden wir 4 Querschnittthemen, die für den aktuellen Unterricht in der Schule zentral sind:

  • Zugang zu sprachlicher Bildung für alle, unabhängig von Migrationsstatus, sozialem Kontext, sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten,
  • Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE),
  • Neuzuwanderung von Kindern und Jugendlichen und ihre Integration ins Bildungssystem sowie
  • die sprachsensible Gestaltung von Unterricht(smaterialien), die allen den Zugang zu Fachinhalten ermöglichen soll.

Im Seminar befassen wir uns mit theoretischen Ansätzen und aktuellen Forschungsbefunden zu den genannten Themen. Diese Informationen verwenden wir, um gemeinsam didaktische Materialien für den Garten am Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität zu Köln zu entwickeln. Diese werden mit QR-Codes für alle zugänglich gemacht, die den Garten nutzen.

Bei der Gestaltung der Materialien arbeiten wir projektorientiert und beziehen alle Fächer, Altersgruppen und Schulformen ein, die durch die Seminarteilnehmenden repräsentiert sind. Mit Hilfe der erstellten Materialien können andere Lehramtsstudierende den Garten zur Inspiration für eigene spätere Schulprojekte und Unterrichtseinheiten nutzen.

Außerdem berücksichtigen wir, dass neu zugewanderte Kinder und Jugendliche ganz unterschiedliche sprachliche Ressourcen aus ihren jeweiligen Ursprungs- und Durchreiseländern mitbringen. So ermöglichen die erstellten Materialien einen vielfältigen und mehrsprachigen Zugang zum Garten.

Informationen zur bisherigen Gestaltung des Gartens durch Studierende findet man in einem Blogbeitrag auf dem Sprache-Spiel-Natur-Blog.

Ich freue mich schon auf das Seminar, das ich nicht nur als Sprachwissenschaftlerin, sondern auch als zertifizierte Kräuterpädagogin halten werde!

Das personalisierte Logo zum Kräuterpädagogikfortbildung, das man von der Gundermannschule erhält

Das personalisierte Logo zum Kräuterpädagogikfortbildung, das man von der Gundermannschule erhält