Pädagogische Ansätze, gestalterische Ansätze und Ressourcen für den Schulgarten

Dieser Artikel gibt einen kurzen Überblick über pädagogische und gestalterische Ansätze für den Schulgarten und stellt Lesetipps, praktische Anleitungen und weitere Ressourcen für alle bereit, die einen solchen Garten anlegen, pflegen oder in ihre pädagogische Arbeit einbinden möchten.

Im Schulgarten können Kinder und Jugendliche gemeinschaftlich und individuell Erfahrungen mit der Natur sammeln und gesunde Lebensmittel für sich und andere erzeugen. Solche Gärten sind aber auch ein Raum für vielfältige Bildungserfahrungen und lassen uns den Unterricht in den einzelnen Schulfächern interessanter, sinnlicher und lebendiger gestalten. Dies zeigt sich auch daran, dass immer mehr Ressourcen und pädagogische oder gestalterische Ansätze für Schulgärten entstehen. Dazu gehören neben Ansätzen, die auf Ökologie und soziales Lernen ausgerichtet sind auch solche, die den Schulgarten als idealen Ort für die Sprachbildung und Sprachförderung ansehen. Im Mittelpunkt des heutigen Blogbeitrags stehen:

Zu jedem dieser Ansätze gibt es eine Kurzbeschreibung sowie Lesetipps und Links zu Webseiten mit Ressourcen für die pädagogische und gärtnerische Arbeit. Im Anschluss daran findet man kurze Verweise auf verwandte pädagogische Ansätze, die Schulgartenprojekte inspirieren können (Waldpädagogik, Wildnispädagogik, Erlebnispädagogik). Und natürlich gibt es am Ende dieses Blogbeitrags – wie immer auf dem Sprache-Spiel-Natur-Blog – einen ganz persönlichen Sprachspinat-Tipp.

Natur- und Umweltpädagogik bzw. Natur- und Umweltbildung

Ziel der Naturpädagogik ist es, durch praktische Erfahrung Wissen über die Natur und ökologische Zusammenhänge zu vermitteln. Die Naturpädagogik beruht auf der Idee, dass die eigene Naturerfahrung es insbesondere Kindern und Jugendlichen in dicht besiedelten Gebieten ermöglicht, ihre Rolle in den Ökosystemen der Natur zu erkennen. Dabei geht man auch auf die Eingriffe des Menschen in den Naturhaushalt und die daraus resultierenden Probleme ein und vermittelt so einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Umwelt. Dies soll Heranwachsende zu ökologisch sinnvollem Handeln und Entscheiden befähigen.

Das Feld der Umweltpädagogik ist noch etwas weiter gefasst als der Gegenstandsbereich der Naturpädagogik: In der Umweltpädagogik sollen sich Heranwachsende nämlich nicht nur mit der natürlichen Umwelt auseinandersetzen, sondern auch mit ihrer sozialen und gebauten Umwelt, z.B. beim Urban Gardening in der Gemeinschaft. Häufig werden die Begriffe “Naturpädagogik/bildung” und “Umweltpädagogik/bildung ” allerdings synonym verwendet.  Beide pädagogischen Ansätze haben zum Ziel, dass Kinder und Jugendliche Handlungskompetenzen entwickeln und bei ihren Entscheidungen ökologische Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge berücksichtigen können.

Einen Einstieg in die umfangreiche Literatur zur Natur- und Umweltpädagogik bieten die frei zugänglichen Einführungen in die Umweltbildung von Kahlert (2005) und Schemel und Wilke (2008) sowie das von Giest (2010) herausgegebene und ebenfalls frei zugängliche Buch zu Umweltbildung und Schulgarten. Weitere Informationen findet man auf den folgenden Webseiten:

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist ein umfassenderes Konzept, das über die reine Natur- und Umweltbildung hinausgeht. BNE zielt darauf ab, das Umweltbewusstsein, Demokratie- und Geschichtsverständnis zu fördern und so Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln zu befähigen. So will man die 17 Ziele der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030 erreichen, insbesondere Umwelt-, Arten- und Klimaschutz, aber auch die Beseitigung von Armut, Ungleichheit und Krieg.

17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

BNE ist nicht nur weiter gefasst als die “klassische” Natur- bzw. Umweltbildung; dieses Bildungskonzept zeichnet sich auch durch eine andere Herangehensweise aus. So kommt z.B. Rost (2002:11) bei seinem Vergleich zum Schluss: “Bildung für nachhaltige Entwicklung ist entwicklungs-, werte- und kompetenzorientiert, während die klassische Umweltbildung eher konservierend, monovalent (der Schutz der Natur als oberster Wert) und handlungsorientiert war.”

BNE ist für alle Bildungseinrichtungen ein wichtiger Ansatz, denn das UNESCO-Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung (2015-2019) strebte an, BNE in allen Bereichen des Bildungssystems strukturell und dauerhaft zu verankern. Insbesondere sollte BNE z.B. als sogenanntes “Querschnittsthema” in die Lehrplänen und Richtlinien für Schulen integriert werden. D.h., BNE soll sowohl im Unterricht der Einzelfächer als auch in Arbeitsgemeinschaften und im Schulalltag eine wichtige Rolle spielen. Dementsprechend gibt es zahleiche Online-Ressourcen und Webportale zum Thema BNE; und auf dem Sprache-Spiel-Natur.de-Blog findet man daher eine umfangreiche Liste mit BNE-Webseiten und Ressourcen, z.B. Datenbanken mit BNE-Materialien für den Unterricht im Klassenzimmer oder Schulgarten.

(Schul-) Gartenpädagogik und Ressourcen für Schulgärten

Neben den generelleren Ansätzen der Natur-, Umwelt- und Nachhaltigkeitspädagogik hat sich in den letzten Jahren die eigenständige, aber noch recht wenig bekannte Disziplin der Gartenpädagogik entwickelt. Man kann Gartenpädagogik bereits an der Hochschule studieren, z.B. in Wien.

Gartenpädagogik betrachtet den naturnahen Schulgartens als vielseitigen Lern- und Erlebnisraum und zielt darauf ab, den Garten in allen Fächern und fachübergreifend in den Unterricht einzubeziehen. Dazu müssen Lehr- und Lernmethoden an die Rahmenbedingungen des draußen Lernens angepasst oder neu entwickelt werden. Hierzu gehören z.B. kindgerechte Methoden zur Pflanzenbestimmung oder zur Beobachtung von Tieren im naturnahen Garten. Es gibt mittlerweile einige relevante Webseiten:

Sprachsensibler Fachunterricht

Erfolgreiches Lernen – egal ob im Klassenzimmer oder im Schulgarten – setzt immer voraus, dass die Lernenden die Unterrichtsmaterialien und –gespräche verstehen und eigene Beiträge leisten können, die von anderen verstanden werden. Um diese sprachlichen Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen zu gewährleisten, verwendet man im schulischen Fachunterricht immer mehr sogenannte sprachsensible Methoden. D.h., man nutzt Unterstützungstechniken, wie z.B. Formulierungshilfen, von der Klasse gemeinschaftlich zusammengestellte Wörterbucher zu bestimmten Themen, von Lehrkräften vorgegebene Wortlisten mit Bildern oder andere sprachliche “Gerüste” (Englisch: “scaffolds”).

Solche “Gerüste” sollen ALLEN Lernenden helfen, sich neue Fachinhalte zu erschließen und gleichzeitig neue sprachliche Mittel zu erwerben. Selbst Kinder, die über sehr gute alltagssprachliche Kompetenzen verfügen, müssen sich für die erfolgreiche Unterrichtsteilnahme nämlich noch bildungssprachliche Ausdrücke wie “Evidenz erbringen” oder “evaluieren” aneignen und Fachausdrücke lernen, z.B. “Präposition” im Deutschunterricht oder “Photosynthese” im Biologieunterricht. Dies bedeutet, dass ALLE Kinder und Jugendlichen von sprachsensibel gestalteten Materialien profitieren und idealerweise ALLE Materialien sprachsensibel gestaltet sein sollten.

Sprachliche Unterstützungsangebote wie Wortlisten oder Formulierungshilfen werden im sprachsensiblen Fachunterricht auch innerhalb einer Klasse oder eines Kurses auf verschiedenen Kompetenzlevels angeboten (“Binnendifferenzierung”). So können alle Kinder und Jugendlichen immer die Angebote auswählen, die sie auf ihrem sprachlichen Kompetenzlevel benötigen – und so ihre Unterrichtsmaterialien besser verstehen.

Auch zum Thema sprachsensible Gestaltung von Unterrichtsmaterialien findet man auf dem Sprache-Spiel-Natur.de-Blog Webseiten und andere Ressourcen. Dabei wird auch auf sprachsensible Materialien für den Unterricht im Schulgarten oder mit dem Garten verknüpfbare Unterrichtsinhalte eingegangen.

Beschriftungsaktivität für den Garten

Beschriftungsaktivität für den Garten (Nachhaltigkeitstipp: Stöckchen aus dem eigenen Garten und Schnurreste verwenden und die Schildchen nicht laminieren, sondern wiederverwendbare ID-Halter von Tagungen, Workshops oder Messen mit Papierschildchen füllen).

Sprachbildung und alltagsintegrierte Sprachförderung

Sprachliche Bildung und der Erwerb von Kompetenzen in der Alltags-, Bildungs- und Fachsprache ist Kernbestandteil jeder schulischen Bildung. Manche Kinder und Jugendliche haben aber darüber hinaus einen besonderen Förder- bzw. Nachholbedarf im Bereich Sprache, z.B. weil sie länger krank waren oder weil sie in ihrem privaten Umfeld nicht ausreichend viele Sprachangebote in der Landessprache haben. Hier reichen Sprachbildung durch gute Sprachvorbilder und sprachanregende Aktivitäten nicht aus. Man braucht darüber hinaus auch spezielle Förderangebote, z.B. tätigkeitsbegleitendes Reden oder den regelmäßigen und systematischen Einsatz von Sprachspielen, Sprach- und Gesangsaktivitäten mit vielen Wiederholungen von Wörtern und sprachlichen Wendungen. Solche Sprachaktivitäten lassen sich im Sinne der alltagsintegrierten Sprachbildung sehr gut in Gartenaktivitäten einbauen, z.B. bei der Pflanzenbeschriftung, beim Abzählen und Abwiegen der Ernte oder beim Singen von Gartenliedern. Auch zu Sprachbildung und Sprachförderung (sowie zur Abgrenzung von der Sprachtherapie) findet man auf dem Sprache-Spiel-Natur.de-Blog einen Artikel mit Informationen, Webseiten und Literatur.
Hier gibt es auch eine Einführung in das Sprachspinat-Garten-Konzept, das auf der Verbindung von SPRACHe, SPIel und NATur beruht. Dieses Konzept ist dafür gedacht, im Garten oder mit Kräuterkisten im Haus ganz gezielt BNE mit spielerischem Lernen und Sprachbildung bzw. Sprachförderung zu verbinden. Ergänzt wird der einführende Konzept-Artikel durch weitere Blogbeiträge mit Pflanzenlisten, Wurmkompostanleitungen, Literatur zu Pflanzennamen etc., die man für sprachförderliche Aktivitäten im Schulgarten verwenden kann. Diese Artikel findet man mit dem Tag Sprachspinat. Zum Beispiel gibt es einen Artikel dazu, wie man mit einem sensorischen Kräutergarten – oder auch mit einer kleineren Kräuterkiste  – gleichzeitig etwas über Kräuter, botanische Pflanzennamen und den Aufbau von deutschen Wörtern lernen kann. Außerdem gibt es eine Anleitung für eine “Wupf” Wurm-Pflanzenkiste, mit der man viel über Kompostierung lernen, aber auch spielerisch Sprache fördern kann.

Die Lego-Variante der WuPf-Wurm-Pflanzen-Kiste

Die Lego-Variante der WuPf-Wurm-Pflanzen-Kiste

Service Learning

Die Idee des Service Learning beruht darauf, dass Lernende soziale und fachliche Kompetenzen erwerben, indem sie einen “Service” für andere leisten. Dazu bieten Schulen Projekte an, bei denen sich die Kinder oder Jugendlichen im Unterricht oder in Arbeitsgemeinschaften für bürgerschaftliche Projekte engagieren. So wird fachliches Lernen in der Schule mit einer gemeinnützigen Tätigkeit verbunden. Beispielsweise können Heranwachsende im Schulgarten Pflanzen für einen Pflanzenbasar in ihrem Stadtteil heranziehen oder mit einem Bienenprojekt zu Artenschutzprojekten beitragen. Man kann im Rahmen von Service Learning Projekten natürlich auch seine (im Schulgarten erworbenen) gärtnerischen Kenntnisse für Baumpflanzaktionen nutzen. Informationen, Anregungen und Mitmachgelegenheiten zum Service Learning findet man auf den folgenden Webseiten:

Ein gutes Beispiel für ein Service Learning Programm ist “sozialgenial“, bei dem sich seit 2009 über 800 Schulen in Nordrhein-Westfalen und Hessen engagiert haben. Ab dem Schuljahr 2022/23 können sich auch alle weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg und Brandenburg bei “sozialgenial” beteiligen.

Eine von einer Jugendzentrum-Garten-AG angelegte Insektenweide im Stadteilzentrum

Eine von einer Jugendzentrum-Garten-AG angelegte Insektenweide im Stadteilzentrum

Soziales Lernen

Beim sozialen Lernen geht es, anders als beim Service Learning, nicht primär darum, beim Lernen sozial zu handeln. Vielmehr geht es darum, beim und durch den Umgang miteinander soziale und emotionale Kompetenzen zu erwerben. Dazu gehören z.B. Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme, Empathie, die Fähigkeit zu konstruktiver Konfliktlösung und die Offenheit gegenüber anderen Perspektiven. Dass soziales Lernen in der Schule eine zentrale Rolle spielen sollte zeigt sich u.a. im folgenden Zitat von der Schulentwicklungsplattform für NRW: “Soziales Lernen ist ein lebensbegleitender Lernprozess und findet auch im Unterricht und Schulleben statt, wie z.B. im Kinderparlament, bei der Streitschlichtung, internationalen Begegnungen oder der Arbeit in der Schülerfirma. Um die Nachhaltigkeit des Prozesses in der Schule zu sichern, sollte soziales Lernen im Schulprogramm fest verankert sein und in allen Jahrgängen berücksichtigt werden“. Der Schulgarten ist ein idealer Ort für soziales Lernen, da die Arbeit im Team den respektvollen Umgang miteinander erfordert und man längerfristige Verpflichtungen zur Pflege eingeht. Zugleich muss man die eigenen Wünsche und Bedürfnisse ausdrücken und einbringen, aber auch die Wünsche und Bedürfnisse anderer berücksichtigen, z.B. bei der Pflanzenwahl oder bei der Verteilung der Ernte.

Wichtig für die Schulgartenpraxis ist auch, dass sich die Stundendeputate, Fördermöglichkeiten und sonstigen Ressourcen, die für soziales Lernen bereitgestellt werden, für die Anlage und Pflege von Schulgärten nutzen lassen. Die folgenden Webseiten geben Beispiele für die Einbindung von sozialem Lernen in Lehrpläne oder den Schulalltag und stellen Ressourcen für Angebote zum sozialen Lernen bereit:

Unterstützung bei der Einbettung von sozialem Lernen in die Schule – und den Schulgarten – können auch Organisationen bieten, die Teilhabeprozesse, demokratische Praktiken und politisch-soziale Kompetenzen fördern. So bietet z.B. Aula ein innovatives Beteiligungskonzepte an, mit einer Online-Plattform und pädagogischen Begleitmaterialien.

Interkulturelle Pädagogik, interkulturelle Bildung oder interkulturelles Lernen

Beim interkulturellen Lernen handelt es ich um eine Form des sozialen Lernens, die auf Weltoffenheit, Toleranz und den Erwerb von interkultureller Kompetenz abzielt. Interkulturelle Pädagogik soll Menschen dazu befähigen, mit Menschen aus anderen Kulturen erfolgreich zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Dazu muss man zum einen die Bereitschaft entwickeln, andere Kulturen zu akzeptieren. Zum anderen muss man lernen, sich bewusst und kritisch mit dem Einfluss der eigenen Kultur sowie mit Stereotypen über andere Kulturen auseinanderzusetzen.

Diversität und Vielfalt betrachtet man dabei als Bereicherung und erkennt ihr Potential für die gesellschaftliche Entwicklung an. Insbesondere geht man von der Kulturkontakthypothese aus. Das heißt, man nimmt an, dass das gemeinsame Leben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen bei all diesen Menschen zum Erkennen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden führen und dadurch Lernprozesse auslösen kann.

Interkulturelles Lernen im Schulgarten beginnt meist mit dem Kennenlernen von Pflanzen, Ernährungsgewohnheiten und Anbautechniken aus unterschiedlichen Kulturen. Dabei werden oft die kulturellen Hintergründe der Lernenden explizit thematisiert.

Die folgenden Online-Ressourcen ermöglichen den Einstieg in die Theorie und Praxis des interkulturellen Lernens und stellen oft auch Bezüge zu BNE bzw. Natur- und Umweltbildung her:

Zur Vertiefung ist das Handbuch interkulturelle Pädagogik zu empfehlen.

Globales Lernen

Das ganzheitlich orientierte Bildungskonzept des globalens Lernens entstand als pädagogische Reaktion auf Globalisierungsprozesse und strebt Weltoffenheit, die Verwirklichung von Menschenrechten und globale Gerechtigkeit an. Zugleich versucht man, das Denken in Kategorien wie Welt “Erste Welt”, “Zweite Welt” und “Dritte Welt” zugunsten einer Eine-Welt-Orientierung zu überwinden.

Damit überlappt globales Lernen mit den sozialen Aspekten von BNE. Zugleich zeigen sich bei der Förderung von Weltoffenheit und Empathie Bezüge zu Konzepten des interkulturellen bzw.  sozialen Lernens. Eine wachsende Anzahl von Institutionen bietet auf ihren Webseiten Informationen zu globalem Lernen:

"Peace of Land" Permakultur-Waldgarten in Berlin

“Peace of Land” Permakultur-Waldgarten in Berlin

Permakultur

Bei der Permakultur handelt es sich weder um eine pädagogische Methode noch um eine bestimmte Anbaumethode, sondern um eine Design- und Gstaltungsmethode, die man sehr gut im Schulgarten einsetzen kann. Der Begriff “Permakultur” stammt von den Australiern Bill Mollison und David Holmgren und ist eine Übersetzung des englischen Wortes ‘permaculture’. Er setzt sich “permanent” und “agriculture” zusammen und bezeichnete daher ursprünglich eine dauerhafte und nachhaltige Landwirtschaft. Mittlerweile wurde das Konzept der Permakultur auf andere Lebensbereiche ausgedehnt, z.B. auf den Garten- und Hausbau, die Bildung von sozialen Gemeinschaften und die Gestaltung ökonomischer Systeme. Daher interpretiert man “permaculture” heute auch oft als Abkürzung von ‘permanent culture‘ (d.h. dauerhafte/nachhaltige Kultur). Ziel der Permakultur ist es, nach dem Vorbild der Natur stabile und nachhaltige “permanente” Systeme in allen Lebensbereichen zu entwickeln.

Dazu folgt man drei ethischen Prinzipien, die sich sehr gut mit Bildung für nachhaltige Entwicklung verbinden lassen:

  • “Earth Care”: Sorge für die Erde
  • “People Care”: Sorge für die Menschen
  • “Fair Share”: Gerechtes Teilen: Begrenze Konsum und Wachstum, verteile Überschüsse

Außerdem beachtet man Designprinzipien für die Gestaltung nachhaltiger Systeme, die von Bill Mollison und David Holmgren, formuliert wurden. Es gibt mittlerweile sogar englischsprachige Lieder zu den einzelnen Prinzipien. Für den Schulgarten und das alltägliche Leben sind besonders die folgenden drei Prinzipien wichtig:

Auf dem Sprache-Spiel-Natur.de-Blog gibt es zum Thema Permakultur einen Einführungstext, eine Literaturliste und eine Linkliste mit Webseiten, Organisationen, Fortbildungsmöglichkeiten, Videos, etc.. Weitere Beiträge zum Thema findet man unter dem Tag “Permakultur“.

Verwandte Ansätze

Bei der pädagogischen Arbeit im Schulgarten kann man sich auch von Ansätzen inspirieren lassen, die auf andere Bereiche der Natur bzw. der sinnlichen Erfahrung ausgerichtet sind. Die in der folgenden Liste verlinkten Webseiten bieten entsprechende Kurzeinführungen, Lesetipps und Links zu weiteren Webseiten und Ressourcen:

Darüber hinaus gibt es noch die Kräuterpädagogik, für die es derzeit noch keine Hochschulausbildung, Dachverbände oder nicht-kommerziellen Infoseiten gibt. Dafür findet man mit einer einfachen Internetrecherche sehr viele kommerzielle Angebote für Ausbildungen zur Kräuterpädagogik. Außerdem gibt es für die praktische Kräuterpädagogik in Bildungseinrichtungen mit Kindern das Buch “Die Kräuter-Detektive: Von Brennnessel bis Zitronenmelisse den Kinderkräutern auf der Spur – mit vielfältigen Experimenten, Spielen, Bastelaktionen, Geschichten und Rezepten durch das Jahr” von Leonore Geißelbrecht-Taferner. Dieses Buch ist zwar für die Kita geschrieben worden, einige Aktivitäten und die Rezepte eignen sich aber auch für die Kräuterpädagogik im Schulgarten. Weitere Literatur zu Kräutern und ein Teerezept findet man auf dem Sprache-Spiel-Natur-Blog.

Mein persönlicher Sprachspinat-Tipp

Die Vielfalt von pädagogischen und gestalterischen Ansätzen für die Arbeit im Schulgarten kann auf den ersten Blick etwas verwirrend und abschreckend sein und die Vermutung nahelegen, man müsse sich für einen dieser Ansätze entscheiden. Außerdem herrscht vielfach noch die Auffassung vor, der Schularten sei nur für bestimmte Fächer relevant, insbesondere für die Biologie. Beides ist nach meiner persönlichen Erfahrung aber nicht der Fall.

In der Praxis findet man oft eine produktive Verbindung von Ideen und Methoden aus verschiedenen Ansätzen. So lassen sich z.B. natur- und umweltpädagogische Konzepte und davon inspirierte Lernaktivitäten problemlos in BNE integrieren, da die Ziele der Natur- bzw. Umweltpädagogik Teil der vielfältigen Ziele der BNE sind. Zugleich sind die Ethik- und Gestaltungsprinzipien der Permakultur sehr gut mit den Zielen von BNE vereinbar. So kann man bei der BNE im Schulgarten permakulturelle Gestaltungsprinzipien in die Gartengestaltung einbeziehen und ethische Fragen auch aus permakultureller Perspektive diskutieren.

Darüber hinaus können BNE-Materialien sprachsensibel gestaltet werden; und bei der praktischen Umsetzung im Schulgarten lassen sich Gelegenheiten für soziales Lernaen und sprachfördernde Aktivitäten sehr gut integrieren – schließlich arbeitet man im Team und muss sich absprechen, gemeinsam Pläne machen und gemeinsam Routinen und Rituale für die Gartenarbeit entwickeln, die notwendigerweise auch den Wortschatz erweitern und zum Einüben von sozialem Verhalten, Satzstrukturmustern und Redewendungen führen. Auch Service Learning lässt sich hier gut integrieren, beispielsweise indem man mit gemeinnützigen Organisationen zusammenarbeitet und ihnen Produkte bereitstellt, z.B. Gemüse aus dem Garten oder selbstgebaute Insektenhotels mit Bambus aus dem Schulgartenanbau.

Dabei muss man sich nicht auf bestimmte Fächer beschränken; und man kann Lernprozesse in verschiedenen Institutionen miteinander verknüpfen. Ich unterrichte z.B. “Deutsch als Zweitsprache” (DaZ) Kurse in der Lehrkraftausbildung, bei denen Studierende aus den unterschiedlichsten Fachbereichen als Prüfungsleistung sprachsensible Unterrichtsmaterialien für eine Nachhaltigkeitsprojektwoche gestalten sollen. Im Mittelpunkt soll dabei eine Kräuterkiste oder eine Wurm-Pflanzenkiste stehen und es können Materialien zum Sprachspinat-Garten-Konzept verwendet werden. Dabei lernen die Studierenden selbst einiges über BNE, fachübergreifenden Projektunterricht und die sprachsensible Gestaltung von Unterrichtsmaterialien. Zugleich entwickeln sie Materialien, die sie selbst in ihrer späteren pädagogischen Tätigkeit verwenden oder anderen als freie Bildungsmaterialien zur Verfügung stellen können (s. den Blogbeitrag zu Open Educational Resources für praktische und rechtliche Hinweise zur Materialveröffentlichung). Die Themenvielfalt, die ich in den Arbeiten sehe, ist immer sehr beeindruckend:

  • Biologie bzw. Sachkunde: Photosynthese, Pflanzenaufzucht und Minigewächshaus aus PET-Flasche, …
  • Deutsch und Fremdsprachen: verschiedene Arten von Sachtexten lesen bzw. schreiben (z.B. Bauanleitungen, Rezepte, Projektberichte, Informationstexte), …
  • Geschichte/Religion: Kräuterfrauen, Hildegard von Bingen, …
  • Geographie und Sozialkunde: Kräuter in verschiedenen Klimazonen, Urbanes Gärtnern und Stadtentwicklung, …Armut und Selbstversorgung in unterschiedlichen Ländern, …
  • Mathematik und Naturwissenschaften: Messungen, Berechnungen von Materialbedarf, Wachstumskurven, …

Neben “klassischen” Arbeitsblättern werden bei der Materialgestaltung auch immer mehr digitale Formate genutzt. Daher zeige ich auch immer, wie man z.B. interaktive H5P-Elemente für Webseiten und Lernplattformen gestalten kann. Hier sieht man beispielsweise, wie man ein Gartenbild mit Informationen über Pflanzen und ihre Namen anreichern kann. Die Anleitung zum Erstellen solcher H5P-Elemente findet man  auf dem Sprache-Spiel-Natur-Blog in einem H5P-inführungsartikel mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung zu interaktiven Bildern.